Sonntag, 19. Oktober 2014

Die Baustelle

Hanne, die jetzt ja schon sehr lange da ist, hat sich beim Spenden sammeln dafür eingesetzt, dass die Baby Unit einen neuen Anbau bekommt, damit für die Kinder auch genug Platz ist und sie zum Beispiel auch ein Bad mit Toilette bekommen.
Schon seit ich hier bin ist der Bau kräftig am wachsen. Gestern war dann aber doch etwas anderes zu sehen, als die üblichen Bauarbeiten.
Um 8 Uhr standen alle Kinder inklusive Direktor und allen anderen Helfern auf der Baustelle.
Das Gebäude war fertig und nur noch die Decke musste mit Zement gegossen werden. Doch wie macht man das ohne Maschinen?
Ganz einfach: Es wurde eine Rampe aufs Dach gebaut und die Kinder stellten sich in zwei Reihen bis nach ganz oben auf.
Unten mischten dann die Starken, Großen Jungs den Zement von Hand und füllten ihn in Eimer ab, die dann durch die Reihe nach oben getragen wurden, auf der anderen Seite kamen dann die leeren Eimer wieder nach unten.
Das rege Treiben habe ich zunächst mit Belustigung beobachtet, weil eigentlich ein Trip nach Buea vorgesehen war und ich dachte das kann ja nicht so lange dauern wenn alle mit anpacken.
Doch weit gefehlt. Um 11 Uhr wurde die erste Pause eingelegt, weil neue Rohstoffe für Zement hergetragen werden mussten und damit gleich die Mittagspause verknüpft wurde.
Die zweite Runde begann und Hanne und ich gingen auch mal in Richtung Baustelle um uns ein bisschen mit den Kleinen aus der Babys Unit zu beschäftigen und dann aus der Nähe einen Blick auf die Baustelle zu werfen.
Hanne hat sich sofort eingegliedert um ein wenig bei den leeren Eimern zu helfen.
Nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe, stellte ich mich kurzer Hand, zur Freude und Belustigung der Kinder, auch dazu.
Das war gegen 17 Uhr und es hat schon nach wenigen Minuten der Gemeinschaftsarbeit angefangen in Strömen zu Regnen.
Aber egal, ob die Kinder schon seit 9 Stunden arbeiten, das Wetter schlecht ist oder es dunkel wird:
Es wird weiter gemacht.
Mit der eintretenden Dunkelheit wurde dann auch die glitschige Rampe ganz ohne Lampe immer gefährlicher.
Aber die Kinder legen trotzdem noch eine enorme Motivation an den Tag: es wird gesungen, getanzt und viel gelacht.
Nach knapp zwei Stunden wechselte ich dann auf die Seite mit den vollen Eimern, wo die großen eigentlich hingehören und merkte schon bald, wie anstrengend das war.
Die Henkel von den Eimern schnitten in die Hand ein und es wurde mit jedem dreckigen Eimer schlimmer. Viele der Kinder schaffen sich mit um die Hand gewickelten Stofffetzen Abhilfe.
Dann war die zweite Runde beendet und es wurde erneut gemischt. Jetzt war es schon so dunkel, dass man Licht braute. Also wurden alle Taschenlampen ausgegraben die man finden konnte und auf dem Dach eine Lampe installiert.
Aber leider ist hier wie erwähnt alles immer komplizierter, denn zu allem Übel fiel dann im ganzen Hotpec auch noch der Strom aus. Also wurde das Auto vor die Baustelle gefahren um mit den Scheinwerfern zu Beleuchten.
Der Regen setzte auch wieder ein und wir waren alle nur noch am frieren, aber die Decke musste fertig werden.
Die Kinder versuchten immer mehr mich dazu zu bringen ins Bett zu gehen und meinten: „Auntie, aren't you feeling tiered? Auntie go to bed!” (Auntie bist du nicht müde? Auntie geh ins Bett!)
Aber dann musste ich mir immer wieder vor Augen führen, dass das 10 jährige Kinder sind die mir da gegenüber stehen und die den ganzen Tag schon gearbeitet haben, also blieb ich. Das war für mich selbstverständlich. Außerdem machte die gemeinsame Arbeit trotz Anstrengungen auch richtig Spaß
Schon bald war ich oben auf dem Dach vor den Bauarbeitern die Letzte der die Eimer in die Hand gedrückt wurden.
Hier wurde schnell gearbeitet und trotzdem sehr viel gelacht. Verstanden habe ich nichts, weil alles Pidgin war, bis sie angefangen haben sich über mich lustig zu machen weil ich nichts verstand. Da verflog die Zeit und trotz schmerzender Hände sah man dank der Postion auf dem Dach auch wie die Decke langsam fertig wurde.
Komplett fertig war dann alles gegen 0 Uhr. Das heißt die Kinder haben 12 Stunden auf dieser Baustelle gearbeitet um dem Hotpec zu helfen.
Ich bin immer noch voller Bewunderung wenn ich daran denke, was die Kinder hier geleistet haben und bin mir bewusst, dass meine 5 Stunden Arbeit dagegen mickrig waren. Hier ist es aber eine Selbstverständlichkeit hart zu Arbeiten und die meisten bewunderten eher ich, weil ich also Weiße auch Arbeiten konnte. Bis es ein Junge auf den Punkt brachte:
“She can work because she's german!“ (Sie kann arbeiten weil sie Deutsch ist)

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